Meeresalgen sind gesund und schmecken besser als sie aussehen. In asiatischen Länder werden sie schon länger und intensiver kultiviert als in Europa. Weil die dortigen Herstellungsmethoden nicht besonders umweltfreundlich sind, schaffen es die Europäer besser?
Die Algenzucht in Europa ist eine wachsende Bewegung. Seit rund 8 Jahren setzen sich zwei niederländische Unternehmerinnen, Rebecca Wiering und Jennifer Breaton dafür ein, die Lebensmittelindustrie gesünder und nachhaltiger zu machen. Heute sammeln sie mit einem selbst erfundenen Hydraulikkran jeden Frühling mehrere Tonnen Algenernte ein. Die europäische Produktion trägt derzeit nur etwa ein Prozent zu den weltweiten Zahlen bei. Dieser Bestand stammt nicht aus der Algenzucht, sondern aus der Ernte von Wildbeständen.
Nachhaltigkeit in der Algenzucht
Das Unternehmen Zeewaar hat Nachhaltigkeit als Leitphilosophie und Verkaufsargument definiert. Im Gegensatz zu billigeren Importen werden die Algen vor Ort in einem Naturschutzgebiet ohne Zusatz von Chemikalien angebaut. Jede Flut versorgt sie mit Nährstoffen aus der Nordsee und den nahe gelegenen Fischfarmen. Die Fische leben mit den Algen in einer Art Symbiose. Angebaut wird eine Braunalge, die wir bei uns ‚Zuckertang‘ nennen.
Verschiedene Einsatzmöglichkeiten
Die Verwendungsmöglichkeiten sind vielfältig. Noch ist die Alge für unseren Gaumen gewöhnungsbedürftig. Sie schmecke leicht schlammig, vergleichbar mit Salat, auch wenn das Kauerlebnis gummiartig anmutet.
Die heilende und pflegende Wirkung von Algen ist seit langem bekannt. Die Alge wird zur Herstellung von Cremes, Lotionen, Masken und anderen Schönheitsprodukten genutzt. Die Pflegewirkung der Alge reicht von Feuchtigkeitsspeicherung, Reduktion der Talgproduktion, UV-Schutz bis zur Förderung der Zellerneuerung. Sowohl die innere, als auch die äußere Anwendung der Alge verhilft Menschen seit jeher zu einem gesunden Lebensstil.
Algen werden auch als Düngemitteln und für Biokraftstoffe verwendet. Das deutsche Unternehmen Mattis hatte die Idee, die heilende Wirkung der Alge mit der Funktionalität eines Kleidungsstücks zu verbinden. In einem innovativen Projekt entwickelte das Unternehmen eine Produktionslinie von Kleidungsstücken, die Funktionswäsche zum Hautpflegeprodukt macht. So entstand die Marke Palgero. Die in den Algen enthaltenen, pflegenden Stoffe reduzieren nervige Symptome von Hauterkrankungen, wie zum Beispiel Juckreiz bei Neurodermitis.
Entwicklungsfortschritt erhöht Produktionskapazitäten
Das ganze Jahr über experimentiert das Unternehmen Zeewaar, um die Qualität und Vielfalt seiner Algenstämme zu verbessern. Die Setzlinge werden auf Spulen aus dünnen Fäden ‚gestrichen‘; innerhalb von drei Wochen entwickeln sich Babyalgen.
Aufgrund der wachsenden Palette von Algenstämme und verbesserter Offshore-Kultivierungstechnologien wird sich die Meeresalgen-Produktionskapazität in Europa bald vervielfachen. Das wird auch Industrieunternehmen ermutigen, in diesen aufstrebenden Sektor zu investieren. Noch verkauft Zeewaar seine Algen nicht direkt an den Verbraucher. Das Unternehmen verkauft Trockenflocken erstmal an Lebensmittelproduzenten. Wir sind gespannt, wann Braunalgen-Salat in unseren Restaurants angeboten wird – und ob die Braunalge zum kulinarischen Trendfood wird.