BeReal ist eine App, die das Gute, das Schlechte und das Hässliche einfängt, erklären Influencer. Kann diese App unsere Fake-Welt etwas realer ergo besser machen? Ja, ist BeReal vielleicht sogar das neue Instagram? BeReal heißt das soziale Netzwerk, in dem Menschen angeblich wieder zeigen können, wie sie wirklich sind. Ohne Filter, ohne editing. Reicht das, um daraus einen Hype zu machen, simple ausgedrückt: musst du dabei sein?
Wenige StartUps wagten sich bisher an die großen Social Media Player, wie Instagram heran. Die massive Medienpräsenz der letzten Tage deutet darauf hin, dass BeReal der nächste Disruptor für Foto Apps sein könnte. Derzeit ist BeReal die zweitbeliebteste iPhone-App in Großbritannien und die sechstbeliebteste in den USA. Die App propagiert authentischere Fotos des Alltags und die Rückkehr zu zeigen, wie wir tatsächlich aussehen, im Gegensatz zu stereotyp kuratierten, gefilterten Inhalten, die aus Frauen mit Hautunreinheiten wunderschöne Amazonen zaubern. Deshalb wird die App inzwischen schon als „Anti-Instagram“-App bezeichnet.
Wie agiert die App?
BeReal sendet einmal am Tag zu einer zufälligen Uhrzeit eine Push-Benachrichtigung an dein Telefon, in der du aufgefordert wirst, ein Foto zu machen. Du hast (Panik auslösende) zwei Minuten Zeit, um das zu tun (du kannst das Foto später posten, aber es wird dann mit einer etwas beschämenden Notiz beschriftet, wie spät du dran warst).
Die App verwendet sowohl die Vorder- als auch die Rückkamera deines Telefons und erfasst dein Gesicht und deinen Standpunkt. Natürlich kann man das Video wiederholen, aber das ist schon wieder nicht authentisch. Du kannst auswählen. Ob du das Foto nur mit Freunden in der App teilst oder es in die Welt hinaustragen möchtest: Der Abschnitt „Entdecken“ ermöglicht dir einen Blick in die POVs von Fremden auf der ganzen Welt. Sie können „RealMojis“, wie Instagrams Story-Reaktionen, als Reaktion auf Bilder senden und empfangen. Und es gibt eine Speicherfunktion, mit der du deine Schnappschüsse im Laufe der Zeit betrachten kannst.
Hässliche Selfies sind unvermeidlich
Verschwommene Gesichter gehören in jedes Foto – weil aufgrund des Zwei-Kamera-Schnappschusses dein Telefonbildschirm nicht nur die Rückkameraansicht zeigt. Das bedeutet, dass hässliche Selfies unvermeidlich sind oder Ansichten von Gehsteigen, Menschen in Bett, schräger Gesichtsausdruck vorprogrammiert – all das ist nicht schön. Nicht einmal das klassische „Fotografier dein Abendessen“ Bild, weil du es unter Zeitdruck machst und keinen passenden Filter hinzufügen kannst.
Wenn ich ein Foto mache, werden Front- und Rückkamera zeitgleich ausgelöst. Das Ergebnis ist ein Bild von dem, was ich sehe. Dazu mein eigenes Gesicht in diesem Moment, gezeigt in einer kleineren Kachel in der Ecke des Bildes. Fotos von anderen kann ich nur sehen, wenn ich auch selbst eins hochlade. Nur zuschauen, geht nicht. Und nach 24 Stunden sind alle Fotos weg.
Keine Airbrush-Gesichter zu sehen, die auch erfrischend normal wirken – das ist extrem erfrischend. Und das stimmt nachdenklich. Es könnte tatsächlich sein, dass das, was wir der Instagram Generation vorwerfen, mit BeReal beantwortet wird. Da wird das Glamour-Häubchen vom Haupt vieler gerissen, die sich hinter lauten Parties, teuren Outfits und einer Menge Schminke und Betäubungsmitteln verstecken. Das Leben dieser Menschen ist kein Wunschkonzert. Wenn sie die Alltagsfrustrationen, das Blitzlichtgewitter stalkender Follower und den Zustand der Toiletten mancher Konferenz- und Partylocations sehen könnten, entmystifiziert, sich diese Welt sofort. Sie wird real und dadurch weniger attraktiv. Auf BeReal gibt es keine Likes, keine Beautyfilter, und es gibt keine Werbung – bisher noch nicht. Freund*innen sind auch keine da, meine Freunde sind schlicht zu alt für die App.
Wie damals
BeReal erinnert an diese Anfangseuphorie des Web 2.0. Das frühe Facebook und das alte Versprechen, verbunden zu bleiben, auch wenn man sich nicht täglich treffen kann. Jahre, in denen nicht jedes Foto perfekt inszeniert war. Die App ersetzt natürlich kein Treffen mit Freund*innen, aber sie bringt uns im Alltag wieder authentisch näher.