Ein Hörsaal voller Männer ist in der Informatik kein wirklich überraschender Anblick. Aber wieso begeistern sich noch immer so wenige Frauen für die IT-Welt? Frauen bewegen sich in der online Welt doch genauso intensiv wie Männer. Frauen agieren in sozialen Netzwerken, sie shoppen und spielen Online Games. Produziert werden die digitalen Welten komischerweise größtenteils von Männern. Männer gründen eher IT-Unternehmen, Frauen konsumieren.
Ein Blick in die Vergangenheit
Interessanterweise war programmieren in den 80er Jahren ein typischer Frauen-Job. Es waren jedoch Bürokräfte mit niedrigem Status. Ich lese ein Zitat von Grace Hopper, einer Pionierinnen der Informatik; Sie war überzeugt, dass Frauen die besseren Coder sind. Sie sagt: „Man muss vorausplanen und alles terminlich so eintakten, dass es fertig ist, wenn man es braucht. Das geht nur mit Geduld und einem Blick für Details. Frauen sind Naturtalente im Programmieren.“
Informatik ist eine vielfältige Wissenschaftsdisziplin – mal mit dem Fokus Mensch, mal mit Business- und Anwendungsfokus, mal mit Bezug zu Technik-zentrierte Themen. Nichts davon ist besonders für Frauen oder Männer geeignet.
In den kommenden Jahren soll jede dritte IT-Stelle mit einer Frau besetzt sein. Das hat in erster Linie ökonomische Gründe: Es gibt nicht genug Männer, um die vorhandenen freien IT-Stellen zu besetzen. Wegen des Fachkräftemangels versuchen Politik, Verbände und Unternehmen schon seit Jahren, Frauen für die MINT-Fächer zu begeistern.
Drei Dinge stehen Frauen für eine IT-Karriere oft im Weg: Die fehlende Aufklärung, Klischees und Mut. Frauen haben oft das Gefühl, sie müssen sich immer beweisen und gegen einen Stereotyp ankämpfen. Noch immer glauben viele, dass Technik primär für Männer geeignet ist. Als Vordenker und Pioniere werden stets Männer genannt. Die Gründer großer Tech-Firmen sind männlich und viele Führungspositionen sind – nicht überraschend – männlich besetzt.
Die Digitalisierung ist aus dem Großteil unserer Berufe nicht mehr wegzudenken. Deshalb sollte sie auch Teil unserer Schulbildung sein. Auch wenn das Angebot an Ausbildungen für IT-Fachkräfte steigt, mangelt es an Aufklärungsangeboten, durch die junge Menschen erfahren, welche Möglichkeiten es gibt, aber auch welche Fähigkeiten sie für diesen Berufswunsch haben sollten. Eine Einführung in digitale Berufe sollte schon in der Schule thematisiert werden – und das mit Frauen in einer Vorbildrolle.
Immer mehr Menschen arbeiten in ihrem Job auch abseits ihrer Büros am Computer. Und doch bleibt das Feld vielen fremd. Viele Job Deskriptions und Funktionen im IT-Bereich kennt jemand. Heute kommt kaum ein Lebensbereich ohne das Verarbeiten, Übertragen und Speichern von Daten aus. In der Pandemie hat sich die IT als systemrelevant erwiesen. Jobs bietet der Sektor ausreichend, etwa in der Software- und Gameentwicklung, in der IT-Sicherheit oder in der Kundenbetreuung von Unternehmen.
In Informatik-Studiengängen liegt der Frauenanteil bei rund einem Viertel. Auf offene Positionen im Bereich Programmierung und IT bewerben sich je nach Position nur 10 bis 20 Prozent Frauen. Im Startup-Umfeld sieht es auch nicht besser aus. An der Gründung mit vorwiegend digitalen Geschäftsmodellen sind knapp 16 Prozent Frauen in Gründungsteams beteiligt.
Der Ruf nach mehr IT-Kolleginnen wird lauter
Dabei bietet der IT-Sektor Hands on-Mentalität, einen hohen Lernfaktor, viel Abwechslung und interessante Menschen aus aller Welt. In vielen Unternehmen der Branche reift die Erkenntnis, dass gemischte Teams die Innovationskraft fördern, Qualität und Leistung steigern und einen monetären Mehrwert bringen. Viele Unternehmen suchen speziell nach Frauen, denn Studien zeigen, dass divers zusammengesetzte Teams erfolgreicher sind.
Weniger Klischees, mehr Role Models – und mehr Trainings
Immer mehr Trainerinnen helfen Frauen, die eine Führungsrolle anstreben und Frauen, die bereits eine haben, gezielt sichtbarer machen. Etwa über Maßnahmen gegen unbewusste Vorurteile in männlichen Teams, aber auch neue Ansätze von Führung.
Förderung von Frauen in Digitalberufen
„She for IT“ will durch Trainings, Female Talent-Programme, Networking-Events, vor allem aber durch überzeugte Menschen zum Vorhaben beitragen, die Anzahl an Informatikerinnen, weiblichen Consultants, Führungskräften und Nachwuchs in der IT in den nächsten Jahren deutlich zu erhöhen.
Auch die Programmierschule 42 legt besonderen Wert auf die Förderung von Frauen im IT-Sektor. Das Netzwerk der in Frankreich gegründeten Coding-Schule École 42 expandiert gerade nach Wien und eröffnet im Oktober 2022 einen Campus in 1190 Wien.
Interessierte können sich ab sofort auf 42vienna.com und dieser Registrierungsseite https://apply.42vienna.com/users/sign_in bewerben. Das Ziel ist es, einen Frauenanteil von 50 Prozent unter den Studierenden in Österreich zu erreichen. „Die Digitalisierung durchbricht die gläserne Decke am Arbeitsmarkt. Wir wollen gezielt Frauen für diesen Beruf begeistern und ihnen einen einfachen Zugang zu den Jobs der Zukunft bieten. Es erwartet sie eine chancenreiche Zukunft und Jobsicherheit“, betont die Geschäftsführerin Rosemarie Pichler.