RennfahrerIn zu werden ist ein Kindheitstraum vieler. Wer das Talent dazu hat, merkt leider bald: Es ist eine sehr teure Leidenschaft. Viele junge Talente scheitern an den finanziellen Hürden, die der Motorsport mit sich bringt. Wer schnell fahren will, braucht ein schnelles Auto. Die Rennanzüge, Startgebühren und Reise- und Aufenthaltskosten kosten ein Vermögen. Ohne Unterstützung durch Sponsor:innen klappt das nicht. Vor kurzem habe ich bei der Darwin’s Circle Conferenz in Wien die deutsche Rennfahrerin Laura-Marie kennengelernt und ihre faszinierende Geschichte gehört.
Laura ist Mitte 20 und entstammt keiner berühmten Rennfahrerfamilie. All ihre Konkurrenten sind Männer. Wer nur bis hierhin liest, mag denken: „So, what’s the problem?“ Nun, das reicht schon, um eigentlich das Handtuch zu werfen. Nicht Laura. Sie fährt heute für Porsche in der GT4 European Series. Trotz ihres Talents zeigte sich Laura-Maries Weg in die GT-Serie steinig. Ihre ersten Erfolge zeigte die gebürtige Starnbergerin im zarten Alter von zehn Jahren im Kartsport. Weil Jugendförderung im Rennsport immer noch vor allem Jungs zuteil wird, wie sie in einem Interview erklärte, schaffte es Laura nur über Umwege, dem Rennsport auf der Fährte zu bleiben.
Über Umwege zu Porsche
Nach dem Abitur arbeitete sie in Werkstätten und als Instruktorfahrerin am Nürburgring. Dort sind Scouts von Porsche auf sie aufmerksam geworden. Der Zufall wollte es, dass dem Porsche Rennteam ein Fahrer ausgefallen war. Laura bekam ihre Chance und fuhr in ihrem Debütrennen am Red-Bull-Ring in Spielberg 2021 den Sieg in der Porsche Sprint Challenge.
In einem so männlich dominierten Feld aufzufallen, ist klischeebehaftet. Laura sagt im Interview: „Wie gut ich bin, hat niemanden interessiert. Es ging immer nur darum, dass ich die einzige Frau war, die angetreten ist.“ Was ich bisher noch nicht erwähnt habe. Laura ist eine sehr hübsche junge Dame. Sie hätte zwar SponsorInnen gefunden, meint Laura, habe jedoch immer das Gefühl vermittelt bekommen, auf ihr Frau-sein reduziert zu werden. Blond, gut-aussehend, ein Hingucker. Dass sie schnell fuhr, wurde eher als Kirsche am Kuchen gesehen. Dabei wollte Laura vielmehr für ihr Talent und Können als für ihr Aussehen anerkannt und unterstützt werden.
Unkonventionelle Finanzierung
Da sie ihre Eltern finanziell nicht unterstützen konnten, wollte Laura die erforderlichen Budgetmittel selbst verdienen – und hatte eine zukunftsweisende Idee: NFTs. NFT steht für „Non-Fungible-Token“, auf Deutsch „nicht-austauschbares Objekt“. Mit der Technik werden digitale Inhalte mit einzigartige Kennzeichen versehen und damit individuellen BesitzerInnen zugeordnet. Wie man das aus dem Kunstmarkt kennt, wo digitale Bilder markiert und verkauft werden.
Die NFTs, die Laura über den Shop auf ihrer Webseite verkauft, sind Images ihres von ihr mitgestalteten Porsche Rennwagens. Ein Bild kostet aktuell 36 Euro (1 ETH = 1.215€, Stand 15.11.22). Das Design, das das Branding des Rennwagens, Lauras Outfit und viele Merchandising Produkte beinhaltet, ist in Zusammenarbeit mit der Kreativagentur Amsterdam Berlin entstanden. Der Vertrieb läuft über die Blockchain-gestützte Plattform Unblocked.
Objektifizierung von Rennfahrerinnen
Das Design ihres Autos ist außergewöhnlich. Laura verarbeitet ihre Erfahrungen mit gestrichelten Linien auf einem rosa Wagen, der an kosmetische Operationen und die Anatomie eines Tieres erinnert. Statt „Lende“ und „Filet“ stehen dort Begriffe wie „wider“, „lower“ oder „bigger“, die auf die Körperteile einer Frau hinweisen sollen, die sich optimieren will. Oder muss. Laura will darauf aufmerksam machen, dass sie nicht als herzeigbares Objekt, sondern als ebenbürtige Rennfahrerin gesehen werden will.
Wer Lauras Entwicklung unterstützen will, hier könnt Ihr das tun. Laura will mit dieser Marketingstrategie das veraltete Sponsorensystem herausfordern und jungen Fahrerinnen die Chance geben, sich unabhängig zu machen. Der Motorsport sollte diverser werden – unabhängig von Geschlecht, Herkunft und finanziellen Mitteln.