Oft sind es die Menschen in unserem Umfeld, die uns mit neuen Ideen inspirieren. Jahrelang schon lese ich die Wanderberichte meiner ehemaligen Arbeitskollegin Nicola, die sie regelmäßig mit ihrer Facebook-Community teilt. Ich bewundere die Distanzen, die sie während einer Tour zurücklegt, bedauere die Blasen und Schmerzen und denke stets insgeheim, wie gemütlich es daheim auf meinem Sofa ist. Seit kurzem boomt, was Nicola tut: Weitwandern.
Journalisten, Podcaster, Blogger und Vlogger schwärmen über die unberührte Natur, die endlosen Wege und die stille Zufriedenheit beim Weitwandern, die nur nach Tagen der Bewegung in der freien Natur zu spüren ist. Langsam dämmert mir, was Weitwandern für all diese Leute bedeutet – und warum es immer mehr Menschen begeistert.
Was macht den Reiz des Weitwanderns aus?
Weitwandern ist mehr als nur Wandern – es ist eine Reise, bei der nicht nur die Kilometer, sondern vor allem die inneren Erlebnisse zählen. Der niederösterreichische Nord-Süd-Weitwanderweg, ist dafür ein Paradebeispiel. Mit einer Strecke von 650 Kilometern führt er vom Nebelstein bis zum höchsten Punkt Niederösterreichs, dem Schneeberg. Doch es ist nicht nur die Länge, die beeindruckt, sondern die Vielfalt der Landschaft: Wälder, Weinberge, alpine Abschnitte und historische Dörfer.
Laut einem Beitrag von ORF Niederösterreich hat der Trend vor allem seit der Pandemie zugenommen. Menschen suchen nach Aktivitäten, die sie aus dem Alltag herausführen und ihnen Raum zum Nachdenken geben. Viele starten mit kürzeren Touren und wagen sich dann an größere Herausforderungen – oft angezogen von der Idee, eine Strecke komplett zu meistern, sei es der klassische Jakobsweg oder einer der nationalen Routen.
Das perfekte Schuhwerk: Dein wichtigster Begleiter
Egal, ob du ein Neuling oder ein erfahrener Wanderer bist: Deine Schuhe sind dein wichtigstes Werkzeug. Sie tragen dich über Kilometer und Kilometer – und die falsche Wahl kann den schönsten Weg schnell zum Albtraum machen. Hier sind einige Tipps für das perfekte Schuhwerk:
Wanderstiefel oder Trailrunning-Schuhe?
Wenn du überwiegend in alpinen oder unwegsamen Gebieten unterwegs bist, sind Wanderschuhe mit gutem Knöchelschutz und einer griffigen Sohle unverzichtbar. Für flachere und weniger anspruchsvolle Strecken können gut gedämpfte Trailrunning-Schuhe eine leichtere Alternative sein.
- Größe und Passform:
Achte darauf, dass deine Schuhe eine halbe bis eine ganze Nummer größer sind als deine Alltagsschuhe. Deine Füße schwellen bei langen Touren an, und du möchtest Blasen vermeiden. - Material und Wetterfestigkeit:
Leder ist langlebig und robust, während moderne Textil-Schuhe oft leichter und atmungsaktiver sind. Für regnerische oder schneereiche Gebiete solltest du unbedingt auf wasserdichte Modelle setzen. - Einlaufen nicht vergessen:
Egal wie hochwertig deine Schuhe sind – sie müssen vor ihrer ersten großen Tour eingelaufen werden. Trage sie zu Hause, bei kurzen Spaziergängen oder auf kleinen Wanderungen, um sicherzustellen, dass sie sich an deine Füße anpassen.
Sockenwahl: Die Geheimwaffe für glückliche Wanderfüße
Die Wahl der richtigen Socken ist fast genauso wichtig wie die der Schuhe. Sie verhindern Blasen, halten die Füße trocken und sorgen für Komfort. Socken aus Merino- und Alpakawolle sind temperaturregulierend und geruchshemmend und halten die Füße warm, wenn es kalt ist, und kühl, wenn es heiß ist. Es ist das beste Material für längere Touren.
So viele Routen, so wenig Zeit
In Österreich gibt es eine Vielzahl von Weitwanderwegen, die alle mit einzigartigen Landschaften, kulturellen Highlights und unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden punkten:
Pannonischer Weitwanderweg
- Länge: 200 km
- Route: Vom Leithagebirge über das Mittelburgenland bis ins Südburgenland.
- Besonderheiten: Ideal für Weitwanderer, die das gesamte Burgenland durchqueren möchten. Die Route verbindet kulturelle Highlights mit kulinarischen Genüssen. Das Burgenland bietet vor allem Genusswanderern und Naturliebhabern vielfältige Möglichkeiten, die sanfte Schönheit der Region zu erleben. Egal, ob du an den Ufern des Neusiedler Sees entlanggehst, durch Weinberge streifst oder den mystischen Geschriebenstein erkundest – hier trifft Bewegung auf Erholung.
Nord-Süd-Weitwanderweg (Weitwanderweg 05)
- Länge: 650 km
- Route: Von Nebelstein (Waldviertel) bis zum höchsten Punkt Niederösterreichs, dem Schneeberg.
- Besonderheiten: Vielfalt der Landschaft. Der Weg durchquert die Wälder des Waldviertels über die Wachau bis zu den alpinen Regionen der Steiermark.
Alpen-Adria-Trail
- Länge: 750 km
- Route: Vom Großglockner bis an die Adria (Muggia, Italien).
- Besonderheiten: Spektakuläre Landschaften, die Alpen und das Mittelmeer verbinden, mit gut ausgebauten Etappen. Der Alpen-Adria-Trail verbindet auf 750 Kilometern die beeindruckenden Alpenpanoramen mit der mediterranen Atmosphäre der Adria und bietet eine einzigartige Vielfalt an Landschaften. Gut ausgebaute Etappen machen ihn sowohl für erfahrene Wanderer als auch für Genusswanderer ideal.
Weitwandern: Ein Abenteuer, das bleibt
Was mich an Nicolas Weitwander-Geschichte besonders fasziniert hat, war die Mischung aus Planung und Improvisation. Ja, es gibt Karten, Etappenpläne und die richtige Ausrüstung – aber die wahre Magie passiert unterwegs. Vielleicht ist es das Lächeln eines Fremden, die Stille eines Morgens im Wald oder das Gefühl, beim Blick auf eine weit entfernte Bergkette eins mit der Natur zu sein.
Für mich bleibt Weitwandern ein Abenteuer, das ich bald selbst ausprobieren möchte. Mit einem guten Paar Schuhe, einer Portion Mut und der Inspiration, die Nicola mir gegeben hat, werde ich vielleicht schon nächsten Sommer meine erste längere Tour in Angriff nehmen. Mit 10jährigem Sohn im Schlepptau. Ich glaube, ich muss die Route vorher alleine abgehen und im Spirit des Geocashings kleine Geschenke verstecken, die motivieren, weiterzugehen und den Weg als Ziel zu erkennen.
Und du? Spürst du auch den Ruf der Berge? Der Langstreckenwanderer Andy Somers sagte: „Der größte Faktor für den Erfolg deiner Wanderung ist deine mentale Verfassung vor der Wanderung.“ Das lasse ich jetzt mal stehen.