Waren in den letzten Jahren filigrane Ringe im Trend, setzt man im Jahr 2021 beim Fingerschmuck auf Ausrufezeichen. Je breiter, desto besser und „mehr ist mehr“ – das begeistert die Gemüter. Und – wer hätte das gedacht? Besonders Siegelringe werden im Neuen Jahr zum Gesprächsthema werden.
Einst war der Siegelring das Erkennungszeichen der mächtigen Oberschicht. Aber selbst ohne Siegel besticht die Form dieses Rings. Wer eine Gravur wählt, kann zum Beispiel seine Initialen, sein Familienwappen oder ein Ornament wählen. Aber halt – sein Familienwappen? Hat denn jede Familie ein Familienwappen? Das kennt man doch eher von Angehörigen des Adels, oder? Wir befragen den Tullner Goldschmied Markus Urban dazu.
Herr Urban, wie viele blaublütige Kunden fragen Siegelringe in Ihrem Geschäft nach?
Markus Urban: „Ich hatte im letzten Jahr tatsächlich rund 100 Kunden, die Siegelringe mit Familienwappen bestellt haben. Es gibt viele Familien, die ein Wappen haben; Das Wissen darüber ging über die Generationen leider verloren. Es gibt aber Unternehmen, die man mit der Recherche nach seinem Familienwappen beauftragen kann.“
Ich denke nach, ob ich mir die Mühe der Ahnenforschung und der Recherche nach einem eventuellen Wappen der Dynastie Krautsack antun soll. Es würde mich schon interessieren, wie dieses Familienwappen aussehen würde. Und würde ich herausfinden, dass es keines gibt, wie würde ich mein Wappen gestalten?
Was drückt so ein Ring eigentlich aus? „Es ist ein Zeichen der Familienzugehörigkeit“, sagt Markus Urban und spricht auch vom Siegelring als Statussymbol.
Der Siegelring – ein Ring des Volkes?
Der Siegelring als Statussymbol. Wir werden sehen, wie sich die Siegelringträger des alten österreichischen Adels äußern, wenn 2021 jeder Normalo Siegelringe mit Fantasiewappen am Mittel-, Ring- und kleinen Finger durch den Supermarkt und den Wirt‘n ums Ecke trägt.
In der Vergangenheit wurden Siegelringe überwiegend, wenn nicht ausschließlich von Angehörigen des Adels getragen. Heute sind Siegelringe vor allem an amerikanischen Schulen und Universitäten als Schulring bekannt und beliebt. Der „Klassenring“ ist mit dem Schulwappen, der Jahreszahl des Schulabschlusses sowie Symbolen, wie zum Beispiel den Kunstformen, die der Schüler/die Schülerin ausübt, verziert.
Der Multifunktionssiegelring
Der Siegelring diente früher dem Versiegeln von Dokumenten. Dabei wurde auf die zu besiegelnden Dokumente zuerst flüssiges Wachs getropft; danach wurde der Siegelring in das noch weiche Wachs gedrückt. Im Mittelalter und der Antike war ein solcher Ring primär der Oberschicht vorbehalten. Dieser drückte Autorität und Macht aus. Später hatte ein Großteil der bürgerlichen Familien in den Städten individuell gefertigte Siegelringe, die das Familienwappen der Familie zierten.
Markus Urban bestätigt das steigende Interesse nach Siegelringen: „Wir haben heuer im Weihnachtsgeschäft gemerkt, dass die Nachfrage nach Siegelringen erheblich steigt. Männer und Frauen haben diese Ringform im letzten Quartal des Jahres fast gleich oft angefragt. Ich sehe die Ringe als Ausdruck des Ichs. Die Leute gehen weg von der Stangeware, hin zu Unikaten.“
Gibt es auch bei Siegelringen einen Farb-Trend?
Markus Urban: „Gelbgold ist im kommenden Jahr besonders angesagt. Bei den Edelsteinen, mit denen die Siegelringe kombiniert werden, sehen wir eine Tendenz zu dunklen Rot- und Brauntönen. Das wirkt im Zusammenspiel mit der Goldfarbe des Rings sehr elegant.“
Haben Sie auch einen Siegelring, Herr Urban?
Markus Urban lacht: „Ja, ich trage ihn aber nicht täglich. Das Wappen meiner Familie zeigt eine Krone, Handwerkssymbole, eine Weltkugel und die ungarischen Flaggenfarben. Die Ahnen meiner Familie waren scheinbar schon immer im Handwerksberuf tätig. Das Tragen des Ringes verstärkt dieses Familiengefühl, das kann ich bestätigen.“