Gibt es eine Stadt, die sowohl die Bedürfnisse junger Surfer als auch jene von betuchten Feinschmeckern und gebildeten Cineasten abdeckt? Ja, die gibt es und obendrein ist sie auch noch Europäische Kulturhauptstadt 2016: San Sebastian. Der Ort am nordspanischen Golf von Biskaya ist Filmstadt, Feinschmeckerparadies, Festivalmetropole und Surf-Mekka zugleich.
Das Küstenstädtchen „Donostia“ – so die baskische Bezeichnung für San Sebastian – wird wegen seiner Schönheit und günstigen Lage im Golf von Biskaya auch gerne die „Perle des Kantabrischen Meeres“ genannt. Und die „Perle“ ist nicht an den Haaren herbeigezogen, denn sogar die Bucht La Concha ist muschelförmig. Sie wird umrahmt vom Igueldo-Berg und dem gegenüberliegenden Urgull, zu dessen Füßen sich der königliche Segelclub, der alte Fischerhafen und die Altstadt ausbreiten. Zwischen Igueldo und Urgull bilden die Strände Ondarreta und La Concha einen eineinhalb Kilometer langen Halbkreis. Fast alle Reiseführer zählen sie zu den schönsten Stadtstränden der Welt. Mit der bereits 1912 eingeweihten Berg-Seilbahn geht es den Igueldo hinunter zum Meer, wo die Eisen-Skulpturen „Windkamm“ des berühmten baskischen Bildhauers Eduardo Chillida an den Klippen stehen.
Bei all der Schönheit kann man schon mal ins Schwärmen geraten – dabei waren es gar nicht so schöne Hautreizungen, die San Sebastian zu einem der attraktivsten Seebäder und Urlaubsziele Spaniens machten. Denn um ihre dermatologischen Probleme zu lindern, wurde Königin Isabella II. das milde Seeklima von San Sebastian empfohlen. Seit 1845 verbrachte die Monarchin mehrere Sommer in Donostia – und mit ihr der spanische Hof und der europäische Hochadel. Wunderschöne Gebäude aus der Belle Epoque entstanden für die illustren Sommergäste – vom Thermalbad La Perla und Luxushotels über Theater bis hin zum Casino-Palast, dem heutigen Rathaus.
Heute besteht die Prominenz hauptsächlich aus Hollywood-Stars, die im September zum Internationalen Filmfestival nach San Sebastian kommen. Julia Roberts, Brad Pitt, Meryl Streep, Robert de Niro: Sie alle verliebten sich in diese Stadt. Aber natürlich nicht nur die, denn auch die Bewohner selbst halten San Sebastian für eine der schönsten Städte der Welt – und wissenschaftliche Studien belegen, dass sich dies tatsächlich auch auf die Zufriedenheit der Menschen dort auswirkt.
Von ausländischen Urlaubern wurde die Stadt wegen der Attentate der Terrororganisation ETA allerdings lange gemieden. Vor vier Jahren beendeten die Separatisten aber ihren Kampf für die Unabhängigkeit des Baskenlandes. Seitdem steigen auch wieder die Touristenzahlen.
Und durch die internationale Aufmerksamkeit des Europäischen Kulturhauptstadtjahres gibt es 2016 in San Sebastian sicher einiges zu erleben. Mit über 60 spannenden Kulturevents – von Antikriegsfestivals bis zu baskisch-kulinarischen Interpretationen von Shakespeares Sommernachtstraum – sollen Einheimische und Besucher überrascht werden. Die Leitmotive der Veranstaltungen: Menschenrechte, besseres Zusammenleben und Wellen bürgerlicher Energie.
Dabei ist das kulturelle Angebot in San Sebastian für eine Stadt mit nur 185.000 Einwohnern ohnehin schon ungewöhnlich groß. Es existiert sogar ein eigenes Surffilm-Festival – und das nicht ohne Grund, denn San Sebastian genießt international den Ruf einer erstklassigen Surfdestination. Die Beach Boys und Lehrer aus dem Ort behaupten, dass das Surfen in Europa in Donostia und im benachbarten Biarritz seinen Anfang genommen hat. Die Qualität der Wellen ist unglaublich, speziell am Zurriola-Strand, wo man das ganze Jahr über surfen kann. Daher sind auch 30 Prozent der Touristen junge Surfer, die tagsüber in den Wellen und abends in den vielen Lokalen der Stadt abhängen.