Kleidung und Schuhe online einkaufen erfreut sich nicht erst seit der Covid19 Pandemie großer Beliebtheit. Die ganze Welt bestellt. Und sie erhält Pakete und schickt sie zurück, weil die Kleidungsstücke oft nicht passen. Ein Grund: Kleidungsgrößen variieren nach Region, nach Anbieter, nach Jahrzehnten an körperlicher Entwicklung. Nun gibt es Tech-Lösungen: Unternehmen nutzen künstliche Intelligenz, um die Größen von Kunden zu ermitteln.
Auch wenn sich das Gewicht von Menschen vielleicht nur geringfügig ändert, ist es unrealistisch, dass man sein Erwachsenenleben lang die gleiche Kleidergröße kauft. Das Hin- und Herschicken von Kleidung, auf die man warten muss, die dann nicht passt, die man folglich zurückschicken muss, ist mühsam und ärgerlich. Für die Kundschaft genauso wie für den Handel. Bei der Retoure müssen die anprobierten Kleidungsstücke gewaschen, gebügelt und neu verpackt werden. Oft wird die Ware einfach in einer LKW-Ladung gen Osten transportiert und um einen Milliprozentsatz verkauft. Und manchmal, noch schlimmer, landet diese Neuware auf dem Müll.
Die Körpermaße verändern sich
Bekleidungsfirmen orientieren sich am Durchschnitt der Bevölkerung. Für den deutschsprachigen Raum wird der Mittelwert mit Hilfe von Reihenmessungen errechnet. Das deutsche Hohenstein Institute führt seit 1957 regelmäßig Reihenmessungen für die Bekleidungsindustrie durch, um daraus Größentabellen und Konfektionsgrößen zu entwickeln. 2009 fand die die letzte Messung von 13.000 Männern, Frauen und Kindern mit 3D-Scan-Technologie statt. Auch Österreich orientiert sich an den deutschen Messungen.
Es wurde festgestellt, dass sich die Körpermaße und -formen über die letzten Generationen stark verändert haben. Wir sind im Durchschnitt heute größer und kräftiger als unsere Eltern und Großeltern. Der Anteil der großen Größen ist bei den Frauen gestiegen. Im Vergleich zu 1994 wurden Frauen größer und breiter. Taille und Hüfte wurden runder. Bei den Männern nahm der Brustumfang am meisten zu, aber auch Taille und Hüften.
Säkulare Akzeleration
Dieser Ausdruck beschreibt, dass sich Körper mit der Zeit verändern. Das betrifft nicht nur Größe, sondern auch Merkmale bei der Entwicklung zur Geschlechtsreife oder die Menopause. Die Konfektionsgrößen der Standardgrößentabellen decken nur etwa 30 Prozent der Bevölkerung ab. 70 Prozent passen laut Hohenstein Institute nicht optimal in eine Standardgröße. Warum: Die Körperformenvielfalt der Menschen ist riesig.
Wenn man die Maße seiner Kunden kennt, muss weniger produziert werden, was letztendlich zu einer nachhaltigeren Industrie führt. Die Modebranche steht unter enormen Druck, Abfall zu reduzieren. Laut einem Bericht der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen werden jedes Jahr 85% aller weggeworfenen Textilien, das sind 21 Milliarden Tonnen pro Jahr, auf Müllhalden geworfen.
Die Apps könnten in diesem Kreislauf ein großer Schritt nach vorne sein, sagen Modeexpert*innen. Die Onlinehändler produzieren nur, was der Kunde tatsächlich bestellt hat, und nicht die dreifache Ausführung in verschiedenen Größen. Eine dieser Apps ist meepl. Entwickler ist ein Schweizer Unternehmen. So funktioniert sie: Die App herunterladen, sich in engen Leggings vor das Smartphone stellen. Die App scannt den Körper von allen Seiten und erstellt eine dreidimensionale Darstellung. Mit diesen Informationen berechnet sie die optimale Kleidergröße und gibt Empfehlungen, welche Größe bei Händlern wie Zara und H&M gewählt werden sollte.