Hat jemand von euch heuer die „Floating Piers“ in Oberitalien besucht? Die gelb-orangen, drei Kilometer langen und 16 Meter breiten Stege waren wohl das spektakulärste Kunstprojekt des Sommers. Kreiert hat die spannende Installation im Iseo See der Verhüllungskünstler Christo. Mehr als eine Million Besucher wanderten über die schwimmenden Brücken, die laut deren Schöpfer nicht schaukeln, sondern die Bewegung des Wassers in sich aufsaugen. Die Stege luden zu ausgedehnten Spaziergängen ein, am besten barfuß. So war es jedem möglich, über das Wasser zu gehen. Und nach dem Erfolg der „Floating Piers“ boomt in Norditalien die Land Art. Sofort nach dem Abbau der Christo-Stege wurde beschlossen, in der Nähe der lombardischen Stadt Lodi entlang des Flusses Adda an einer „Wald-Kathedrale“ nach einem Konzept des 2009 verstorbenen Land-Art-Architekten Giuliano Mauri zu arbeiten. Die Fertigstellung ist für Oktober geplant.
Während die Christo-Stege nach etwas mehr als zwei Wochen wieder abgebaut wurden, sind andere Kunstwerke auf sieben Weingütern der Chianti-Region in der Toskana noch bis Ende Oktober zu besichtigen. „Art of the Treasure Hunt“ heißt das Projekt, bei dem Skulpturen, Videos, Installationen oder Fotografien inmitten von Weinbergen und manchmal auch in Kellern zwischen Weinfässern präsentiert werden.
Wer nicht so weit wegfahren mag: In Salzburg ist der „Walk of Modern Art“ mit einem Dutzend moderner Arbeiten wie zum Beispiel von Markus Lüpertz, Marina Abramovic, Tony Cragg oder Stephan Balkenhol vor allem in den Sommermonaten während der Festspiele sehr stark frequentiert.
Noch mehr Kunst auf Reisen: Von Land zu Land reist seit 2014 eine Großskulptur von Heinz Mack. Die neun jeweils sieben Meter hohen Stelen, die mit 850.000 goldenen Mosaiksteinchen überzogen sind, bewunderten bereits Touristen in Venedig und Istanbul. Derzeit ist „The Sky over Nine Columns“ im spanischen Valencia aufgebaut. Die Idee ist, die Skulptur zu den Leuten zu bringen, nicht die Leute zur Skulptur. Im Winter sollen die goldenen Stelen in St. Moritz auf dem zugefrorenen See aufgestellt werden – wenn das Eis hält.
Ein besonders interessantes Projekt in Sachen Kunst in Touristenregionen entsteht derzeit auf Lanzarote, einer der Kanarischen Inseln. Seit 1. März befinden sich dort ganz viele Skulpturen des Museo Atlántico, des Unterwassermuseums, auf dem Meeresgrund und können tauchend bewundert werden. Da wäre zum Beispiel ein dickbauchiger Mann auf der Couch, der in sein TV-Gerät starrt, ein Mann, der buchstäblich seinen Kopf in den Sand steckt oder Menschen, deren Körper mit Kakteen übersät sind. Aber auch ernste Themen werden vom britischen Künstler Jason deCaires Taylor und seinen lebensgroßen Betonfiguren behandelt: Ein überfülltes Boot mit afrikanischen Flüchtlingen ist ebenso zu sehen wie Sklaven mit traurig-leerem Gesichtsausdruck.
Die Kunst lockt nicht nur Taucher an: Kleine Korallen, Algen und Röhrenwürmer haben sich auf den Statuen angesiedelt. Fische und andere Tiere beäugen die Unterwasser-Mitbewohner neugierig und verstecken sich hinter ihnen. Insgesamt sollen 300 lebensgroße Skulpturen im Meer versenkt werden, 60 sind bereits zu sehen. Anfang 2017 soll das Museum komplett sein –beeindruckend ist es jetzt auch schon.